Zwischen dem 13.07.2021 und dem 15.07.2021 kam es mit Schwerpunkt am 14/15.Juli besonders über Rheinland Pfalz und Nordrhein Westfalen zu einer sehr brisanten Wetterlage. Verantwortlich dafür war ein sich nur sehr langsam verlagerndes Tiefdrucksystem welches mit seinen Starkregenbändern über den Westen Deutschlands hinweg zog und dort für langanhaltenden und ergiebigen Dauerregen sorgte.
Die Folge dieser besonderen und auch gefährlichen Wetterlage war, eine massive Flutkatastrophe welche große Teile Westdeutschlands heimsuchte und dort teils heftige Zerstörungen verursachte. Im heutigen Beitrag blicken wir aus meteorologischer Sicht auf dieses Jahrhundertereignis zurück und analysieren den Ablauf der Wetterlage.
Schauerartig verstärkte Starkregenfälle sorgten für extreme Niederschlagssummen
Das große Problem bei dieser Wetterlage bestand eigentlich darin, dass die vom Tief herangeführten Regenbänder konvektiv durchsetzt, also schauerartig, teils auch gewittrig verstärkt waren. Dies sorgte dann dafür, dass der ohnehin schon langanhaltende Dauerregen punktuell als Starkregen fiel, welcher sich aufgrund der langsamen Zuggeschwindigkeit lange Zeit über einer Region halten konnte, also quasi Ortsfest war und so großflächig enorme Regenmengen zusammen kamen.
Es ist so, dass diese Schauer und Gewitter, welche in der Meteorologie als "konvektive Niederschläge" bezeichnet werden, größere Regenmengen innerhalb kurzer Zeit bringen können. Der Boden hat damit nur wenig Zeit das Wasser aufzunehmen und so fließt dieses über die Oberfläche in Bäche und Flüsse oder Stauseen ab. Im Normalfall kommen bei solchen Starkregenereignissen dann mal 20, mal aber auch 50 Liter innerhalb einer Stunde auf den Quadratmeter zusammen. Dies führt dann im Normalfall, da sich diese lokalen und eher kleineren Starkregenereignisse relativ schnell bewegen, "nur" lokal dazu, dass Bäche anschwellen und einzelne Überflutungen auftreten.
Am 14. Juli 2023, fielen jedoch auf einer riesigen Fläche aufgrund des ergiebigen und schauerartig verstärkten Dauerregens und dessen nur sehr langsamen Verlagerung, punktuell weitaus mehr Liter auf dem Quadratmeter innerhalb von weniger als 24 Stunden als wie es normalerweise üblich ist. Wir sprechen hier teilweise von über 100 Liter innerhalb kurzer Zeit und so kam es wie es kommen musste.
Die ohnehin vom vielen Regen der Vortage bereits voll gesättigten Böden, konnten diese enormen Regenmengen gar nicht mehr aufnehmen und so flossen diese über die Oberfläche ab und gelangten so in die Bäche und Flüsse wie auch in die Talsperren. Besonders in der Eifel und Voreifelregion kam es hier durch die orographische Lage teilweise zu einem Staueffekt, wodurch die Wolken regelrecht ausgedrückt wurden. Die Konsequenzen waren, wie man bereits am frühen Morgen des 15. Juli 2021 sehen konnte, verheerend. Ganz besonders schwer getroffen hat es aufgrund der besonderen geografischen Lage das sog. Ahrtal in Rheinland-Pfalz. Aber auch in vielen weiteren Teilen Nordrhein-Westfalens und in Rheinland-Pfalz kam es zu massiven Hochwasser und Flutereignissen welche für teils schwere Zerstörungen sorgten, wie z.B. in Erftstadt, besonders im Ortsteil Blessem, den Swisttaler Ortsteilen Heimerzheim und Odendorf sowie vielen weiteren. Aber auch schon am 14. Juli kam es in vielen Teilen NRW´s durch das abfließende Oberflächenwasser zu Sturzfluten und Hochwasserereignissen wie Bspw. in der Städteregion Aachen, Wuppertal, Hagen uvm.
Innerhalb der genannten Tage kam es in Nordrhein Westfalen zu Niederschlagssummen von punktuell deutlich über 200 Liter auf dem Quadratmeter.
Bildquelle : www.kachelmannwetter.de
Die Entwicklung der Wetterlage vom 12. Juli und 15.Juli 2021
Nach einer Hochdrucklage, verlagerte sich ein hochreichendes Tiefdrucksystem von Südwesten her über Frankreich langsam nach Deutschland. Dabei schob sich das Bodentief in Richtung Südostdeutschland während das Höhentief sich kaum verlagerte. So sorgte dieses Höhentief für die Entwicklung der Unwetterkatastrophe.
Die Wetterlage vom 12. Juli und 13.Juli 2021
Die Grafik zeigt die Wetterlage am 12.Juli 2021 an dem sich das Tiefdrucksystem an der französischen Küste zum Atlantik und zum englischen Kanal verlagerte. Dabei gab es eine Frontalzone die sich von Frankreich her bis Gibraltar erstreckte und über Frankreich und Teile Spaniens heftige Gewitter auslöste. Diese Schauer und Gewitter griffen dann langsam auf die Beneluxstaaten und dann auf den Westen und Südwesten Deutschlands über.
Am 13.07.2021 befand sich dann das Bodentief über Deutschland während das Höhentief weiter über Frankreich lag. In der weiteren Entwicklung der Wetterlage des 13. Juli, verlagerte sich das Bodentief nach Tschechien und das
Höhentief nach Ostfrankreich. Im Vorfeld wurden über im Südosten bis Osten teils heftige unwetterartige Gewitter ausgelöst. Hochreichende Konvektion ( Schauer / Gewitter ) verlagern sich in der Regel mit der Höhenströmung. So kam es dann dazu, dass erste Systeme von Ost nach West zogen.
Durch vorhandene vertikale Windscherung kam es zudem zu organisierter Konvektion ( Superzellen ) und auch einige Tornadoverdachtsfälle wurden registriert. Ein weiteres Problem an dieser Wetterlage war ein sehr hoher Feuchtegehalt bzw. der Gehalt an niederschlagbaren Wassers von teils über 45 mm.
Die Wetterlage zur Flutkatastrophe vom 14. und 15. Juli 2021
Nun stellte sich eine Zirkulation ein, in der die Wolkenpakete sich quasi immer wieder über Deutschland von Ost nach West verlagerten und immer wieder durch das Höhentief herumgeholt wurden. Durch die geringe Verlagerungsgeschwindigkeit des Höhentiefs konnten so wie bereits oben erwähnt, immer wieder Starkregengebiete wie auch heftige Schauer und Gewitter über die gleiche Regionen ziehen wodurch es dann zu diesen massiven Regenfällen mit teils heftigen Niederschlagssummen kam.
Während dem Durchzug von Tief "Bernd" sorgten sogenannte Hebungsimpulse, welche unter anderem durch vertikale Temperaturunterschiede ausgelöst wurden, immer wieder für die Entstehung der konvektiven Niederschlagsgebiete.
Am 15 Juli befand sich das Höhentief dann genau über Süddeutschland und die Großwetterlage stellte sich komplett um. Von nun an wurden kühlere aber auch stabilere Luftmassen in den Westen Deutschlands gelenkt, die dann langsam unter Hochdruckeinfluss gelangten. Damit endete dann die unwetterträchtige Wetterlage, welche eben auch für die schwere Hochwasserkatastrophe verantwortlich war.
Satellitenbild zeigt Unwettertief "Bernd" über Deutschland
Auf den Satellitenbildern, kann man die Entwicklung der Wetterlage vom 14. und 15. Juli 2021 sehr gut nachverfolgen. Wir sehen hier zum einen das Bodentief Bernd und das zugehörige Höhentief. Besonders über der Westhälfte Deutschlands sind hier auch die mit Wasser vollgepackten dichten Wolkenfelder sehr gut zu erkennen.
Im Vorfeld des Tiefs wurden sehr warme bis heiße und extrem Feuchte Luft nordwärts geführt während auf der Rückseite die erwähnte Kaltluft südwärts strömte. Diese Konstellation waren die Zutaten für diese heftige Unwetterkatastrophe im Westen Deutschlands.
Warnmanagement zur Hochwasserkatastrophe
Bereits am 12. Juli gab es seitens des Wetterzentrums-NRW die ersten Warninformationen, dass sich in Sachen Unwettern durch ergiebige Niederschläge eine sehr brisante Wetterlage entwickeln könnte. So haben wir auf mögliches Hochwasser und Erdrutsche wie auch Aquaplaning hingewiesen.
Aufgrund der Modellrechnungen entschlossen wir uns dann, diese Prognosekarte am 12. Juli auszugeben. Am Ende kam sogar deutlich mehr Niederschlag zusammen als wir hier angegeben und somit zu diesem Zeitpunkt von den Wettermodellen vorhergesagt wurden.
Am 13. Juli haben wir dann die Warnungen auf unserer Webseite nochmals aktualisiert und die höchste Stufe für Teile Rheinland Pfalz und NRW ausgegeben und hier die Eifel und das Voreifelgebiet markiert. Das es jedoch auch Wuppertal oder Hagen so heftig treffen sollte, damit haben auch wir nicht gerechnet und entsprechend für diese Regionen auch keine entsprechenden Warninformationen zur Verfügung gestellt.
Dokumentation der Ereignisse durch die Sturmjäger des Wetterzentrum-NRW
Unser Team um Daniel und Marcus waren bereits seit den Vormittagsstunden unterwegs um diese markante Wetterlage zu dokumentieren und bei Bedarf auch vor Ort Hilfe zu leisten. Anfangs waren wir aufgrund erster Hochwassermeldungen aus der Region Aachen noch in der Nordeifel unterwegs und konnten bereits einige Überflutungen im Ort Kornelimünster dokumentieren.
Bild: Inde / Itterbach bei Kornelimünster
Bild: Einsatzkräfte in Kornelimünster
Als sich die Situation dort in der Region immer weiter zuspitzte und auch aus Swisttal die Meldungen über teils heftigen Starkregen und einzelnen Überflutungen immer mehr wurden, entschlossen wir uns aufgrund der Tatsache das Marcus in Swisttal-Heimerzheim nicht all zu weit von der Swist entfernt wohnt, unseren Standort dorthin zu verlagern um im Ernstfall die Sicherung des eigenen Eigentums gewährleisten zu können. Das verlassen der Region um Kornelimünster gestaltete sich jedoch aufgrund unzähliger überfluteter Straßen und vollgelaufenen Unterführungen als sehr schwierig, so dass wir rund 3 Stunden brauchten um nach Swisttal zu kommen. Auch hier zeigte sich bei unserer Ankunft ein ähnliches Bild.
Bild: Kurz der Ortseinfahrt nach Swisttal-Heimerzheim
Bild: Bachstraße, nahe dem Hotel Widenbrück in Swisttal-Heimerzheim
Später am Abend lies der Dauerregen dann endlich nach und man hatte das Gefühl aufatmen zu können. Doch die Gefahr war noch lange nicht gebannt. Aufgrund des noch stundenlang abfließenden Oberflächenwassers stieg der Wasserpegel der Bäche, Flüsse und Talsperren im südlichen Nordrhein-Westfalen weiterhin an. Dies sorgte dann am späten Abend dafür, dass die Steinbachtalsperre bei Euskirchen kein weiteres Wasser mehr aufnehmen konnte und dadurch überlief. Für die Ortschaften welche entlang des Steinbachs, der Swist sowie der Erft und deren Nebenflüsse und Bäche lagen, hatte dies katastrophale Folgen.
Anbei die Bilder von Marcus aus seinem Heimatort - Swisttal-Heimerzheim
Bild: Bachstraße / Ballengasse in Swisttal-Heimerzheim gegen 0:30 Uhr
Bild: Kirchstraße in Swisttal-Heimerzheim am Morgen des 15. Juli 2021 - ca. 7 Uhr
Bild: Frongasse in Swisttal-Heimerzheim
Bild: Bachstraße in Swisttal-Heimerzheim
Fazit zur Flutkatastrophe vom 14. und 15- Juli 2021
Bei dieser Katastrophe kamen verschiedene Faktoren zusammen. Zum einen sorgte das Höhentief mit seiner Zirkulation dafür, dass immer wieder Starkregengebiete und Gewitter über die gleichen Gebiete hinweg zogen und sich dabei nur sehr langsam verlagerten und zum anderen waren da die, durch den vielen Niederschlag der Tage zuvor, ohnehin schon mit Wasser gesättigten Böden. Darüber hinaus spielte auch die zunehmende Bodenversiegelung ( Straßen, Parkplätze oder Baugebiete ) eine große Rolle, wodurch ebenfalls viel Wasser nicht mehr versickern und als Oberflächenwasser unmittelbar in die Bäche, Flüsse und natürlich auch in die Kanalisationen abließt welche dann mit diesen großen Wassermassen rasch überfordert war.
Auch über den Rhein bewegte sich eine Hochwasserwelle vom Oberrhein her kommend. Da das Wasser dementsprechend ungehindert in die Bäche und Flüsse gelangte kam es dann rasch zur Entwicklung von reißenden Strömen die dann auch ihre Betten verlassen haben und so Straßen und Ortschaften überfluteten. Es kam immer mehr Wasser dazu und so kam es zu einer enormen Belastungsprobe für die Talsperren die zeitweise zu brechen drohten, wie eben auch die Steinbachtalsperre in der Nähe von Euskirchen.
Feuerwehren und Katastrophenschutz waren im Dauereinsatz und viele Menschen ihr Hab und Gut verloren oder gar komplette Existenzen. Die Hochwasserkatastrophe forderte leider auch zahlreiche Tote. Besonders im Ahrtal ist die Zahl derer, welche in der Flutnacht ihr Leben verloren, sehr hoch.
Noch heute, stand 11. August 2023, haben viele Menschen noch immer mit den Folgen dieser Unwetterkatastrophe zu kämpfen und konnten noch immer nicht in Ihre Häuser zurück bzw. haben noch immer kein neues, festes Zuhause gefunden.