28.06.2011 / Jülich, Nörvenich, Heinsberg / Mammaten und fotogene Lightshows

Gegen 19.25 Uhr traf ich mich mit Marcus, Daniel und Arne an unserem mittlerweile schon legendären Chasingpoint Niederbolheim bei Nörvenich.
Schon auf der Fahrt dahin über die A4 konnte ich einen wunderschönen großen Eisschirm sehen, der bei Ankunft bereits die tiefer stehende Sonne im Westen ganz verdeckte. Ein Radar machte uns schnell klar: Diese Zelle ist ein buchstäblicher Grenzgänger. Sie zog an der Deutsch-Niederländischen Grenze nach Norden und wurde schnell schwächer.
Gerd Bierling und Erik Dirksen, beide aus anderen Foren als Chaser gut bekannt, hatten sich zwischenzeitlich in Richtung Geilenkirchen aufgemacht, um sich der Zelle zu nähern. Das kam für uns nicht in Frage, da wir die Zelle nicht mehr hätten einholen können.

Stattdessen konzentrierten wir uns auf jene Zellen, die uns die gängigen Radare und Satellitenbilder mit einem Kurs von Belgien über Achen nach Osten ankündigten. Einschlägige Radare zeigten hier sehr starke Niederschlagsaktivität, die auf kompakte Kerne begrenzt war. Dazu wollten wir unseren Standort in Richtung Linnich, nördlich des Tagebaus Inden, verlagern, als der Anruf von Gerd kam, der an einem seiner Chasingpoints bei Jülich beste Sicht in die "Aufzugsrichtung" hatte.
Sein Standortbefand sich in der Nähe der Autobahnabfahrt der A46 nach "Jülich-West", einmal über den Kreisverkehr rüber gerade aus und dann nach der Kuppe auf der rechten Seite. Schon auf der Fahrt dahin sahen wir die dicken Mammaten der vorangegangenen Zellen.

Ob es die richtige Entscheidung war, dorthin zu fahren und sich nicht der aufziehenden Zelle mehr oder weniger exakt in den Weg zu stellen? Das sei dahingestellt, hinterher ist man immer schlauer. Immerhin sahen wir eine breite Shelf an ihrem Lebensende: Sie hatte sich bereits von ihrer Zelle abgelöst und zog davon. An einer Stelle wurde ihre Struktur unterbrochen durch einen neuen Cu con, der eine Lücke in die etliche Kilometer lange Shelf geknabbert hatte.
Hier ein Quick & Dirty-Panorama, ich lasse die Stackfehler nun mal aufgrund der Uhrzeit drin:

An der anderen Seite bildete sich die Shelf gerade wieder etwas schöner aus.

Immerhin, nach dem Durchzug der Shelfreste und einigen Outflow-Resten gab es noch ein paar schöne Strukturen zu sehen.


Nun, die übrigen Zellen über Belgien und Nordfrankreich waren noch zu weit weg, die Sonne verschwand hinter Eisschirmen und später hinter dem Horizont und uns wurde klar, dass wir schöne Wolkenstrukturen in der Dämmerung kaum mehr zu Gesicht bekommen würden.
Also zurück nach Niederbolheim, wo ein Bypass der sich ankündigen Gewitterzellen bequem möglich sein sollte.
Und gleich eines meiner ersten Blitzbilder war ein echter knaller, schaut mal selbst, was da hinunterhängt:

Hier nochmal etwas mehr Kontrast dazu.

Es blitzte in der Entfernung vor sich hin:

Recht viele Erdblitze, eine moderate Blitzrate - es hat sich gelohnt, nochmal ein paar Minuten dort zu warten.

Doch weil nach dem Abzug der Zellen, die gerade über Lüttich nordwärts zogen, nichts neues in nährerer Zeit zu erwarten war, beendeten wir den sehr zufriedenden Chasingtag.

Naja - das stimmt nur halb, wie ich zugeben muss. Nachdem wir das Teamchasing beendet und uns von Marcus getrennt hatten, ging es plötzlich nochmal unerwartet für uns weiter:
Denn auf dem Weg nach Köln, wo ich Arne und Daniel absetzen wollte, spendierte uns eine ganz andere Zelle im Raum Heinsberg immer mal wieder kräftige Erdblitze. Das war so anziehend, dass ich ausversehen am Autobahnkreuz von der A61 zur A4 bei Kerpen vorbeifuhr. Mit dem Ziel, zu wenden, fuhr ich also notgedrungen nach Norden weiter zur nächsten Ausfahrt kurz vor Bergheim. Doch angesichts der hohen Blitzrate war schnell klar, hier bleiben und ein paar Fotos wagen zu wollen.
Also schnell von der Ausfahrt eine Minute nach Westen gefahren und gleich hinter einem Kreisverkehr rein in einen Feldweg zum Wiebachhof
Als wir aussteigen, frischte der Wind schlagartig auf. Die Windrichtung war kaum feststellbar, auch die Ursache nicht: Aufgrund der Dunkelheit sah man keine Strukturen, die den böigen Wind hätten erklären können. Spektakulär war jedoch die Auswirkung auf die Wolken der Kühlwassertürme im Kraftwerk Niederaußem bei Bergheim:
Durch den Sog, der die Gegenrichtung zum Bodenwind hatte, verformte sich die Rauchfahne binnen weniger Sekunden zu einem C:

Also haben wir gut die Augen offen gehalten, jedoch nichts verdächtiges über unseren Köpfen erkennen können.
Da lenkte uns die Lightshow am Horizont ab: 10-15 Blitze pro Minuten, teilweise auch mal kurz im Sekundentakt, versüßten uns den Abend:





Nun, wer einmal Blut leckt, will noch mehr: Nach kurzer Überlegung stiegen wir ins Auto und wagten es, die A61 als Nord-Süd-Achse zu nutzen und uns näher an die zügig fortziehende Zelle, genauer gesagt an deren südlich gelegene Flanke, zu positionieren.
Über die A61 ging es Richtung Norden bis zum Dreieck Jackerath, wo wir die Autobahn nach rechts zur L277 in Richtung Katzem verließen.
Zwischen Immerath und Holzweiler fanden wir schnell einen geeigneten Punkt an einem Feldweg mit guter Horizont-Sicht nach Norden, um die Zelle sicher beobachten zu können.
Erst mal ein Übersichtsfoto. Aufgrund der hohen Blitzrate war die Zelle und ihr Niederschlagsbereich gut erhellt:



Schön zu sehen, der Niederschlagskern:



Mal wieder paar Blitze:



Und noch einer, der war etwas näher:



Nach gut 15 Minuten war die Zelle derart weit weggezogen, dass nur noch einzelne Blitze für uns fotografisch interessant war:



Alles in allem ein sehr gelungener Tag, der am Abend einen unerwarteten Höhepunkt fand. Schade, dass Marcus nicht dabei war, aber ich verbürge mich, dass die blitzaktive Zelle uns richtig überrascht hat und wir diese auch nicht verfolgt hätten, wenn ich nicht die Ausfahrt zur A4 verpasst hätte. In diesem Fall war es für uns ein echter Glücksgriff.

Viele Grüße

Thomas